Jahresbericht 2023: Raus aus der Komfortzone – Mehr Weniger wagen
Was haben Finanzämter, Krankenhäuser und Katasterämter in Niedersachsen gemeinsam? Es gibt sehr viele davon und nicht alle sind noch leistungsfähig genug. ‚Klasse statt Masse‘ empfiehlt der Landesrechnungshof daher. „Das Land braucht zukunftsfeste Versorgungs- und Verwaltungsstrukturen. Leistungsstarke Einheiten sind dafür entscheidend“ so Rechnungshofpräsidentin Dr. Sandra von Klaeden heute im Landtag.
Dass nach wie vor erheblicher Reformbedarf besteht, drängt sich nach den Feststellungen des Landesrechnungshofs geradezu auf. Viele Katasterämter sind nur wenige Kilometer voneinander entfernt, an den Standorten arbeiten teilweise nur wenige Beschäftigte. Die Zukunftsfähigkeit von acht Finanzämtern ist fraglich; sie unterschritten bereits im Jahr 2016 die von der Steuerverwaltung selbst festgelegten Mindestgrößen in mehreren Aufgabenbereichen. Ein Krankenhaus verfügt über lediglich 35 Betten, eine andere Klinik führte über Jahre nur vereinzelte Behandlungen durch.
Dass sich etwas verändern muss, verlangt auch das Niedersächsische Klimagesetz. Mit einer Reduzierung von Standorten könnte sich das Land von sanierungsbedürftigen, nicht mehr benötigten Gebäuden trennen, dadurch CO2-Emissionen einsparen und somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Positiver Nebeneffekt: Jeder aufgegebene Quadratmeter Gebäudefläche spart Unterhaltungs- und Betriebskosten. Dr. Sandra von Klaeden: „Der Fachkräftemangel, die Digitalisierung und damit einhergehend die Veränderung der Arbeitsprozesse erfordern eine Neuordnung der Behörden des Landes. Bei den Krankenhäusern muss das Land die Versorgungssicherheit der Bürgerinnen und Bürger zum alleinigen Entscheidungsmaßstab machen.“
In Sachen Klimaschutz erwartet der Rechnungshof vom Land zudem mehr Tempo bei seiner Photovoltaik-Offensive. Gerade einmal 0,7 % der geeigneten Dachflächen der Landesgebäude sind mit solchen Anlagen belegt. 30 % sollen es laut Gesetz im Jahr 2025 sein. Doch allein mit dem vom Land jetzt eingeschlagenen Weg der Dachverpachtung werden bis dahin nicht einmal 10 % erreicht.
In der Kritik des Rechnungshofs steht auch die Förderpraxis: unbestimmte Förderziele, unzureichende Erfolgskontrollen, fehlende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. „Seit Jahren ziehen sich unsere Kritikpunkte wie ein roter Faden durch die Förderprogramme – geändert hat sich leider bis heute nur wenig. Steuergeld könnte schon längst effizienter und zielgenauer eingesetzt werden“ so die Präsidentin.
Nur zwei Beispiele: Rechnerisch 7 Mio. € hätte das Land nach Erkenntnissen des Landesrechnungshofs bei der Förderung der nicht öffentlichen Elektroladeinfrastruktur einsparen können. Und beim Programm digitalbonus.niedersachsen gaben rund 46 % der Unternehmen an, dass die Förderung gar nicht ausschlaggebend für ihre Investitionsentscheidung gewesen sei. Das Land bewertete dagegen den Erfolg des Förderprogramms nach der Anzahl der Anträge und der Summe der insgesamt ausgezahlten Fördermittel. „Mit diesem Maßstab macht das Land das Geldausgeben fast zum Selbstzweck“ so Dr. von Klaeden und weiter: „Fördermittel sind keine Geldgeschenke.“ Der Landesrechnungshof fordert daher, Mitnahmeeffekte zu minimieren, damit die Gelder tatsächlich Wirkung zeigen – und zwar im Interesse des Landes.
Vier weitere Prüfungsergebnisse des Rechnungshofs:
- Niedersachsen baut zu langsam. Planungs- und Bauzeiten von bis zu zehn Jahren sind keine Seltenheit. Der Berg bereitgestellter, aber nicht verausgabter Baumittel wuchs in den letzten Jahren auf über 300 Mio. €. Schuld sind langwierige Abstimmungs- und Prüfprozesse in der Bauverwaltung.
- Teurer als geplant war die Ablösung der beiden zentralen IT-Rechenzentren. Die geschätzten Kosten von ca. 10 Mio. € stiegen auf mehr als das Vierfache. Hinzu kommt: Die maroden alten Rechenzentren müssen bis mindestens Ende des Jahres 2025 parallel weiterbetrieben werden. Zusätzliche Kosten: 6,5 Mio. €.
- Obwohl die Gefahr von Hackerangriffen und Stromausfällen stetig wächst, ist das Land auf einen Ausfall des IT-gestützten zentralen Zahlungssystems nicht ausreichend vorbereitet. Das Land könnte dann weder Einnahmen verbuchen noch seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen.
- Viel Geld ausgegeben hat das Land für eine Schutzimpfung gegen das Corona-Virus durch die mobilen Impfteams. In der Spitze mehr als 400 € pro Impfung. Zum Vergleich: Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte erhielten 28 € pro Impfung.
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